Elektrifizierte Trailer können einen erheblichen Beitrag zur Einsparung von Kraftstoffen und damit zur Reduzierung der CO2-Emissionen leisten. Die Prototypen von eTrailern sind bereits im Einsatz, die Serienproduktion befindet sich in den Startlöchern. An den Produktionsstandorten solcher Trailer müssen – wie überall, wo Hochvoltbatterien zum Einsatz kommen – Logistik- und Transportprozesse angepasst sowie Mitarbeitende gezielt geschult werden, um eine reibungslose Umsetzung und Überwachung der neuen Abläufe sicherzustellen.
Über das Projekt
Im Rahmen des Projekts »BATSAFE«, kurz für: Batterie-Logistik Leitfaden – Sicherheit, Effizienz, ist ein allgemeingültiger Leitfaden für die Lagerhaltung und den Transport von eTrailer-Batterien unter Berücksichtigung aktueller Richtlinien, Vorschriften sowie Praxiserfahrungen entstanden. Die Beteiligten haben dazu Daten und Fakten als Entscheidungsgrundlage in der Logistik gesammelt, die einen Rahmen schaffen, in dem eine sichere Lagerung, Transport und Produktion gewährleistet ist. Das Projekt startete im Frühjahr 2024 mit einer Laufzeit von rund sechs Monaten.
Vor diesem Hintergrund haben der Trailerhersteller KRONE aus Werlte in Niedersachsen und das Unternehmen Trailer Dynamics aus Eschweiler die Möglichkeit genutzt, am Transferprojekt »BATSAFE« des InnoLogBat teilzunehmen. Gemeinsam mit wissenschaftlichen Mitarbeitenden des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik IML wurden in diesem Projekt die Rahmenbedingungen für eine Produktions- und Logistikumgebung, die den Anforderungen an das Batteriehandling in der E-Mobilität gerecht wird, analysiert. Das Interesse an den elektrifizierten Trailern von KRONE ist groß, die Zeit für den Aufbau neuer Produktionsprozesse reif. »Allgemeingültige Richtlinien mit bindenden Vorschriften für die Lagerung und den Transport von Hochvoltbatterien, wie es für Einsatzgebiete in der Industrie wünschenswert wäre, existieren nach ersten Recherchen und Erfahrungen nur wenige«, beschreibt Björn Krämer vom Fraunhofer IML, Leiter des Projekts »BATSAFE«, die Herausforderungen zum Projektstart.
»SolutionNavigator« bietet Orientierung
Im Transferprojekt haben die Projektmitarbeitende des Fraunhofer IML gemeinsam mit KRONE und Trailer Dynamics einen Leitfaden für die Lagerhaltung und den Transport von Hochvoltbatterien entwickelt – am Beispiel einer künftigen Produktion von elektrifiziertenTrailern bei KRONE in Werlte, aber dennoch mit allgemeingültigem Charakter. Der »BATSAFE-SolutionNavigator« hilft Unternehmen, den Einstieg in die komplexe Thematik zu finden. Anhand verschiedenster Handlungsempfehlungen bezüglich der zu treffenden Sicherheitsvorkehrungen bei der Planung und Implementierung eines Hochvolt-Batterielagers sowie der sicheren Handhabung und dem Transport von Batterien erhalten sie eine erste Orientierung und können ihr individuelles Vorgehen planen.
»Die Bewertung der Wirksamkeit von Maßnahmen, wie etwa der Einsatz von Sensorik zur Erkennung und Reduzierung von Brandgefahren, wird zukünftig eine immer wichtigere Rolle spielen. Dafür ist es essenziell, die Forschung in diesem Bereich weiter zu fördern und den Austausch von Erkenntnissen zwischen den verschiedenen Stakeholdern zu intensivieren, um einheitliche Richtlinien zu schaffen.«
Sascha Franke, Fraunhofer IML
In dem als Excel-Tool aufbereiteten »SolutionNavigator« werden von Anfang an generelle Sicherheitsvorschriften aufgezeigt. Die Anwender haben die Möglichkeit, über Dropdown-Listen unterschiedliche Parameter wie Kapazität pro Lagereinheit, Lagerart und Lagermenge zu wählen und abzufragen. Bei der Auswahl des Anwenders fügt das Tool sukzessive weitere Hinweise hinzu, um Handlungsempfehlungen für das individuelle Szenario auszusprechen. »Der Solution Navigator bildet einen initialen Einstieg in die Thematik und generiert erste Hinweise und Ansätze für die Formulierung individueller Brandschutzkonzepte«, so Marvin Sharma und Sascha Franke, wissenschaftliche Mitarbeiter am Fraunhofer IML, die das Tool entwickelt haben.
Schulungen als weiterer Eckpfeiler
Die Anforderungen an das Batteriehandling beim Aufbau von Produktions- und Lagerstandorten für Hochvoltbatterien sowie deren Entsorgung stellen eine zentrale Herausforderung dar. Gleichzeitig bilden die Schulungen und Weiterbildungen der Mitarbeitenden einen entscheidenden Eckpfeiler auf dem Weg zur E-Mobilität.
Um diesen Eckpfeiler auch im Projekt »BATSAFE« zu etablieren, wurden zuerst die notwendigen Qualifizierungsbedarfe ermittelt: Welche Schulungsmaßnahmen sind bereits verfügbar, welche konkreten Anforderungen gelten für Lagerung und Transport und welche zusätzlichen Bedarfe ergeben sich daraus für die Sicherheitsschulungen? Auf dieser Basis wurden die notwendigen Schulungsinhalte abgeleitet. Diese Inhalte wurde in eine Webanwendung integriert, die Mitarbeitenden des Unternehmens allgemeine Informationen zu Batteriesystemen, Hinweise zum Transport und zur Lagerung sowie zum Notfallkonzept zur Verfügung stellt.
Die Webanwendung setzt dabei auf den Gamification-Ansatz, also den Einsatz von spieltypischen Elementen in einem nicht-spielerischen Kontext wie der Weiterbildung. Die User müssen in der Webanwendung Fragen beantworten, vorgegebene Sachverhalte mit »Richtig« oder »Falsch« bewerten oder Prozessschritte in die korrekte Reihenfolge bringen. »Der Gamification-Ansatz ist ein äußerst wirksames Mittel, um die Motivation der Mitarbeitenden zu fördern, sich einfach und effizient mit neuen Themen auseinanderzusetzen«, erklären Max Plotnikov und Sascha Franke, wissenschaftliche Mitarbeiter am Fraunhofer IML und verantwortlich für diesen Projektbaustein. »Zudem steigert die spielerische Wissensvermittlung nachweislich die Lernkurve. Die benutzerfreundliche Weboberfläche der Schulungsanwendung ermöglicht es dem Unternehmen außerdem, Lerninhalte schnell und ohne umfangreiche Programmierkenntnisse anzupassen oder zu erweitern.«
Stichwort eTrailer
eTrailer mit elektrisch angetriebener Achse wurden bisher als Prototypen beim KRONE Partner Trailer Dynamics in Aachen gefertigt. Mit steigenden Absatzzahlen soll die Produktion nun direkt an den KRONE Standorten erfolgen. Zur IAA Transportation im September dieses Jahres haben KRONE und sein strategischer Technologiepartner Trailer Dynamics zum ersten Mal die Möglichkeit geboten, den von ihnen entwickelten innovativen eTrailer nicht nur zu reservieren, sondern verbindlich zu bestellen. (Foto: KRONE)
Für Trailerhersteller KRONE hat sich die Teilnahme am Projekt in vielerlei Hinsicht gelohnt: Zahlreiche Informationen aus dem Projekt konnten direkt in das Konzept für den Aufbau der Produktion am KRONE-Standort in Werlte eingehen, etwa Learnings aus dem Materialfluss der Batterien, der mit dem Materialfluss beim Trailerbau synchronisiert wurden.
Mit den elektrifizierten Trailern von KRONE werden der Dieselverbrauch und die CO2-Emissionen eines Sattelzugs um durchschnittlich 40 Prozent verringert. Kernstück ist eine eAchse, welche die Sattelzugmaschine im Antrieb unterstützt und Bremsenergie durch Rekuperation zurückgewinnt. Die mitgeführte Batterieenergie ist auch für Langstrecken über 500 Kilometer ausreichend.
Zu den nächsten Schritten bei KRONE gehören nun die Feinplanung des Batterielagers, sowohl mit Blick auf die Ausstattung als auch auf die Prozesse sowie die Gestaltung eines Havarieplatzes samt Ausstattung und Notfallplänen. Auch die Schulungsplanung ist durch »BATSAFE« einen großen Schritt vorangekommen.
Mehrwert durch einheitliche Vorgaben
Projektleiter Björn Krämer sieht nach Abschluss des Projekts neuen Forschungsbedarf: »Das Projektergebnis zeigt auf, dass weitere Forschungs- und Richtlinienarbeit für eine Vereinheitlichung der Vorgaben und Erweiterung des Anwendungshorizontes auch zukünftig weiterhin sinnvoll sein kann – und welcher Mehrwehrt hier generiert werden kann. Eine Ergänzung vorhandener Richtlinien um weitere Batteriegrößen und Anwendungsfälle kann hier beispielsweise ebenfalls hilfreich sein.«
Training setzt auf Gamification
Gamification oder Serious Gamning sind die Fachbegriffe für eine spielerische Wissensvermittlung. Für die Entwicklung des Batterielogistik-Trainings im Transferprojekt »BATSAFE« konnte das Team des Fraunhhofer IML auf zahlreiche Entwicklungen des Instituts aufsetzen, die oftmals schon seit längerem in der industriellen Praxis erfolgreich eingesetzt werden.