Gasdetektion macht Batterielogistik sicherer

Die Sensorik spielt bei der Erkennung von kritischen Batteriezuständen eine wesentliche Rolle: In einem Transferprojekt mit Forschenden des Innovationslabor Batterielogistik hat die Cicor Deutschland GmbH, ein Unternehmen der Cicor Gruppe, weltweiter Anbieter von Elektroniklösungen, die Möglichkeit erhalten, einen Gassensor weiterzuentwickeln. Für die sichere Erkennung von Gasen, die bei einer Batteriehavarie typischerweise austreten, kam auch Künstliche Intelligenz zum Einsatz.
Stand: März 2024
Die Funktionalitäten des Gassensors von Monilog® konnten im Transferprojekt des InnoLogBat mit Blick auf die Detektion von Schadgasen bei Batteriehavarien geprüft werden. (Foto: Hersteller)

Für die Logistik spielt das Detektieren von sicherheitskritischen Lithium-Batterien eine wichtige Rolle Während das Thema bei neuen Batterien naturgemäß eine eher untergeordnete Rolle spielt, wird es bei älteren, ausrangierten Batterien immer wichtiger – erst recht mit Blick auf eine massenhafte Verbreitung der Elektromobilität. Das Geschäftsfeld Monilog® der Cicor Deutschland GmbH gehört zu den Spezialisten für die sensorgesteuerte Überwachung empfindlicher Güter auf langen Transportwegen und in kritischen Umgebungen. Es werden sogenannte Datenlogger entwickelt, die mit Transformatoren, Generatoren, Schaltanlagen und fragile Optiken oder Medizin-Komponenten auf die Reise gehen. Die Idee, die Datenlogger auch zur Überwachung des Zustands von Batterien für Elektrofahrzeuge einzusetzen, reifte bei Dr. Ronny Leuschner, als Head of Monilog® zuständig für Forschung und Entwicklung, nach einem Gespräch mit Vertretern von Automobilherstellern und Versicherern: »Alle waren auf der Suche nach einer Lösung, mit der sicherheitskritische Batterien frühzeitig und sicher erkannt werden können. Denn je eher ein Sensor eine Havariereaktion nachweist und je genauer die Zeitspanne bis zum möglichen thermischen Durchgehen der Batterie, dem Thermal Runaway, bestimmt werden kann, umso besser können Schutzmaßnahmen greifen – ob eine betroffene Batterie nun isoliert oder ein automatischer Löschvorgang ausgelöst wird.«

»Die Zusammenarbeit mit den Forschenden des Innovationslabor Batterielogistik hat unser Produkt und unser Team entscheidend weitergebracht.«

Dr.-Ing. Arkadius Schier, ProjektleDr. Ronny Leuschner, Head of Monilog®, Cicor

Schadgase kündigenHavarie an

Solange sich Batterien im Auto befinden, warnt das Batteriemanagementsystem (BMS) als elektronische Steuerungseinheit des Akkus vor einem möglichen Thermal Runaway. Ausgebaute Batterien, die ihren Weg ins Second Life antreten, zur Weiternutzung oder zum Recycling, müssen anders überwacht werden. »Zurzeit kommen hier in der Regel berührungslose Infrarot-Temperaturmessgeräte zum Einsatz«, so Dr. Ronny Leuschner. »Temperaturmessungen bei Batterien stoßen jedoch an Grenzen, wenn diese nicht direkt auf die Batterieoberfläche schauen können bzw. die Batterieoberfläche nicht zugänglich ist.« Eine Alternative oder Ergänzung ist der Einsatz von Gassensoren, die sogar bereits Teil der Monilog®-Produktfamilie sind. Denn: Batteriehavarien kündigen sich nicht nur durch einen Temperaturanstieg an, sondern auch durch das Austreten sogenannter Schadgase, darunter Kohlendioxid, Kohlenmonoxid, Wasserstoff und kurzkettige Kohlenwasserstoffe.

Bei der Zustandserkennung von Batterien spielen elektrische, optische und chemische Kenngrößen eine Rolle. So können der Anstieg der Temperatur einer Batterie, die Ausdehnung einer Batterie oder das Auftreten von Schadgasen – alles Anzeichen für einen möglichen kritischen Zustand einer Batterie – gemessen werden.

Für den industriellen Einsatz dieser Gassensoren in der Batterielogistik allerdings fehlten dem Unternehmen Nachweise der Sensorfunktionalitäten. »Die üblichen Reaktionsgase eines Thermal Runaways sind außerhalb von Laborbedingungen nur schwer zu erzeugen. Daher war ein realistischer Testaufbau für das Anlernen von Gasmesssensoren erforderlich«, so Dr. Ronny Leuschner. Genau diese Tests konnte Cicor im Rahmen eines Transferprojekts des InnoLogBat mit einem Forschendenteam am Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut HHI, einem der wissenschaftlichen Partner des InnoLogBat, durchführen. Im Batterie- und Sensoriktestzentrum des Fraunhofer HHI und der Technischen Universität Clausthal in Goslar fanden innerhalb weniger Monate zahlreiche Versuche bzw. Versuchsreihen mit unterschiedlichen Gassensoren und unterschiedlichem Aufbau statt.

»Die Erprobung und Anpassung von Technologien für den Einsatz in der Batterie-Logistik ist uns im Forschungsprojekt ein wichtiges Anliegen.«

Leonard Kropkowski, Fraunhofer HHI

30 Minuten bis zum Thermal Runaway

Sämtliche Ziele des Transferprojekts (s. auch ganz rechts) konnten dabei erreicht werden. In den ersten Versuchsreihen konnte bereits der grundsätzliche Nachweis erbracht werden, dass die Monilog®-Lösung eine sich entwickelnde Batteriehavarie durch die Messung der Ausgasungen eindeutig erkennen kann. Dazu wurden die Sensoren zunächst Gasen, die bei einer Havarie typischerweise freigesetzt werden, ausgesetzt. Danach wurde sie mittels »Machine Learning« trainiert, diese Gase in unterschiedlichen Konzentrationen wiederzuerkennen. Gleichzeitig wurden die Sensoren auch mit untypischen Gasen getestet, um Querempfindlichkeiten zu bestimmen.
In einer abschließenden Versuchsreihe, die im Februar durchgeführt wurde, wurde in einem ersten Testaufbau der Thermal Runaway einer Batterie mit einer gezielten Beschädigung der Außenhülle durch das Erhitzen von Zellen mit hohem Ladezustand gezielt eingeleitet.

Ziele des Transferprojekts
• Nachweis der Sensorfunktionalität hinsichtlich der Messgenauigkeit bei Wasserstoff und Kohlenwasserstoff, der Verifikation der Sensorfunktionalität anhand realer Batterietests sowie Nachweis der Reproduzierbarkeit und der Selektivität der Zielgasdetektion
• Definition einer Zeitspanne vom Zeitpunkt der Erkennung einer beginnenden Havarie bis zum kompletten Durchgehen der Batterie bei definierten Randbedingungen
• Ableiten von Grenzwerten bestimmter Gaskonzentrationen, ab denen ein Thermal Runaway sicher bzw. wahrscheinlich eintritt

In einem zweiten Versuch wurden Zellen mit einem mittleren Ladezustand erhitzt, um gezielt eine Gasbildung ohne Brand der Zellen zu bewirken (sichtbares Aufblähen der Zellen). In beiden Fällen konnte ein Ausgasen der Zellen beobachtet werden. Dabei zeigte sich, dass der eingesetzte Gassensor auch in realen (verschmutzten) Umgebungen die typischen Gase Wasserstoff und Kohlenwasserstoffe, die bei kritischen Lithium-Ionen- Batterien austreten, sicher detektieren kann. Angelernte Gaszusammensetzungen wurden sicher wiedererkannt, sodass Quereinflüsse aus anderen »Gasquellen«, die zu Falschmeldungen führen, vermieden werden. Eine frühzeitige Erkennung von bis zu 30 Minuten vor Eintreten eines thermischen Durchgehens bei einer kritischen Lithium-Ionen-Batterie mit Beschädigung der Außenhülle wurde ebenfalls nachgewiesen.

»Gasdetektion ist wichtiger Baustein«

Das Interesse der Industrie an der Entwicklung ist groß, insbesondere von Batterieherstellern, Recyclingunternehmen oder Unternehmen zur Wiederaufbereitung und zur Zweitverwertung von Lithium-lonen-Batterien. Dr. Ronny Leuschner: »Die Gasdetektion ist ein wichtiger technologischer Sicherheitsbaustein für die Überwachung von Lithium-lonen-Batterien. Wir können Havarien schneller erkennen und gleichzeitig werden Fehldetektionen vermieden.« Der Prototyp des neuen Datenloggers läuft bereits erfolgreich bei mehreren Kunden des Unternehmens im Pilotbetrieb und wird regelmäßig weiterentwickelt.

Über Cicor
Für die Cicor-Gruppe mit Hauptsitz in der Schweiz, weltweit tätiger Anbieter elektronischer Gesamtlösungen, arbeiten rund 2.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an 17 Standorten. Zu den Kunden gehören führende Unternehmen aus den Bereichen Medizin, Industrie sowie Luft- und Raumfahrt & Verteidigung.
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