Algorithmus spürt Kurzschlüsse auf

Die Detektion von Kurzschlüssen ist ein Eckpfeiler für die Bestimmung des Zustands von Batterien für E-Fahrzeuge. Forschende des InnoLogBat haben nun eine Lösung entwickelt, mit der solche Anomalien von Batterien außerhalb des Fahrzeugs automatisiert festgestellt können. Ziel ist es, kritische Batterien schnell zu isolieren.
Stand: Juni 2024
Die Spannungsverläufe der Zellen in einer ordnungsgemäß funktionierenden Batterie liegen dicht beieinander, hier die Daten von sechs relativ neuen Zellen. Ab der Mitte ist ein leichter Spannungsabfall einer der Zellen zu sehen (grün), der durch einen externen Kurzschluss hervorgerufen wurde. Der Algorithmus der Uni Leipzig wurde jedoch nur mit den Daten aus der ersten Phase, der ordnungsgemäßen Funktion, trainiert. Der Kurzschluss würde von dem Algorithmus daher als Anomalie erkannt. | Quelle: HHI/Uni Leipzig (Foto: HHI/Uni Leipzig)

Die Früherkennung sich entwickelnder Kurzschlüsse in Batterien ist ein aktives Forschungsfeld. Kurzschlüsse im Inneren von Batteriezellen gehören danach zu den häufigsten Ursachen für einen späteren »Thermal Runaway«, das thermische Durchgehen einer Batterie. Solche Kurzschlüsse können beispielsweise durch Unfälle oder Stöße hervorgerufen werden: Die Batterie kann sich dann verformen, Material eindringen und einen Kurzschluss auslösen. Im Frühstadium eines inneren Kurzschlusses kann der Fehler noch unkritisch sein – und auch nicht zu einer signifikanten Wärmeentwicklung führen. Spannungswerte ermöglichen es daher, Kurzschlüsse in Batterien besonders früh zu detektieren – früher als beispielsweise über die Temperaturmessung.

Im Fahrzeug eingebaut, überwacht das Batterie-Management-System den Zustand der Batterien, also auch die Spannungswerte. Außerhalb des Fahrzeugs – beispielsweise im Lager – wird entsprechende Hardware benötigt: ein Gerät zur Messung der Spannungswerte sowie ein weiteres, das die Messdaten sendet.

Anomalien erkennen

Vor diesem Hintergrund hat Dr. Christoph Schrade, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität Leipzig, einer der Partner des InnoLogBat, in den vergangenen Monaten umfangreiche Untersuchungen zur »Datengetriebenen Kurzschluss-Früherkennung« durchgeführt. Dabei übernahm der Forscher auf dem Machine-Learning-Ansatz einer bayrischen Wissenschaftlergruppe auf. Zellspannungen gelten als »gute Größe« für die Kurzschlusserkennung, die Festlegung bzw. der Vergleich von Schwellenwerten geht allerdings mit langen Erkennungszeiten einher. Um Empfindlichkeiten und damit Kurzschlüsse schneller erkennen zu können, hatten die Wissenschaftler in einem datenanalytischen Ansatz Methoden aus der mathematischen Statistik und dem Maschinellem Lernen (ML) auf Spannungsdaten angewendet. Genau diesen Weg verfolgte auch Dr. Christoph Schrade, denn: »Dieser Ansatz ist besonders gut geeignet, um Anomalien in den Spannungskurven zu entdecken.« In einem ersten Schritt führte der Leipziger gemeinsam mit dem InnoLogBat-Partner Fraunhofer HHI ähnliche Experimente durch, in denen – wie auch von den bayrischen Forschenden – externe Kurzschlüsse erzeugt wurden, die einfacher zu kontrollieren sind als interne Kurzschlüsse. Im nächsten Schritt sollen innerhalb des Projekts aber auch Versuche durchgeführt werden, in denen interne Kurzschlüsse herbeigeführt werden.

Das Ergebnis des Projekts ist ein Algorithmus, in dem ein trainiertes Machine Learning-Modell verwendet wird. Der Algorithmus wurde dazu bewusst mit Spannungskurven aus einem Zeitraum „gefüttert«, in dem die Batterie ordnungsgemäß funktionierte. Die Daten lieferte das Fraunhofer HHI, ein weiterer Partner des InnoLogBat. Sie stammten aus einem Experiment des HHI, bei dem sechs Batteriezellen in Reihe geschaltet und über mehrere Zyklen geladen und entladen wurden. Der Algorithmus zur Kurzschlusserkennung wurde dabei mit 1.000 bis 5.000 Datenpunkten trainiert. Verhält sich eine Batterie nun anders als gewohnt, erfolgt ein Alarm. Der Algorithmus ist dabei in der Lage, auch einen geringen Spannungsabfall zu detektieren, wie er für das Frühstadium eines Kurzschlusses typisch ist. Werden interne Kurzschlüsse so frühzeitig erkannt, besteht die Möglichkeit, die Batterie rechtzeitig aus dem Lager zu bringen und mögliche Schäden von vorneherein zu vermeiden. Mit der Lösung lassen sich auch Echtzeit-Daten auswerten.

Die Universität Leipzig ist im InnoLogBat für die Erstellung von Studien im Bereich der Kreislaufwirtschaft Automotiv zuständig. Dabei werden Themen wie die Einbeziehung des Status Quo, der Potenziale durch neue Technologien sowie zukünftige Ausrichtungen etc. adressiert. Außerdem entwickeln die Forschenden ein Portfolio von Dienstleistungen mithilfe von Machine Learning-Verfahren für die intelligente, datenbasierte Überwachung von Lagerung, Transport sowie Recycling von Batterien. Ein weiterer Arbeitsbereich ist der Aufbau eines Netzwerkes in der Automobilindustrie zur Demonstration einer Kreislaufwirtschaft. Die Projektergebnisse werden unter anderem im Logistics Living Lab des Instituts demonstriert.

Alterungsprozesse aufspüren

Vor einem Einsatz der datengetriebenen Kurzschluss-Früherkennung in der Praxis muss allerdings noch einiges an Forschung betrieben werden: »Wir haben in unserem Projekt wissenschaftliche Grundlagen geschaffen, auf deren Basis nun weitere Versuche stattfinden können und müssen«, so Dr. Christoph Schrade. »Außerdem wäre es interessant zu untersuchen, ob sich mit dem gewählten Ansatz fortschreitende Alterungsprozesse in Batterien detektieren lassen. Dafür wären Versuche mit Rückläufern aus dem Markt gut geeignet. Daten von Batterien aus dem Feld stehen im Rahmen des InnoLogBat sogar schon bereit.

Ergebnisse aus den Forschungsaktivitäten des InnoLogBat demonstriert das Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität Leipzig auch in seinem Logistics Living Lab. (Foto: BMBE/Innovation & Strukturwandel, Thilo Schoch)